Im Folgenden stellen wir die empfehlenswertesten Fachbücher zum Thema "Arbeitszeugnis" vor. Zu den Publikationen von Schleßmann und Weuster/Scheer ist vorab zu sagen, dass diese bereits seit 1961 bzw. 1989 am Markt sind und stetig aktualisiert werden. Die meisten der heute im Handel erhältlichen Fachbücher beruhen (mehr oder weniger) auf diesen Standardwerken sowie auf dem "Erfurter Kommentar zum Arbeitsrecht" und dem "Münchener Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch".

Rezension: Arnulf Weuster, Brigitte Scheer: Arbeitszeugnisse in Textbausteinen, 13. Auflage. Stuttgart u.a.: Richard Boorberg Verlag, 2015. 450 Seiten. 22,50 Euro*.

Inhalt: Dieses Standardwerk zur Zeugnisschreibung gibt Antworten auf alle wesentlichen Fragen. Auf den ersten 170 Seiten behandeln die Autoren klar strukturiert die Grundlagen der Zeugnisschreibung und führen den Leser Schritt für Schritt, von der Überschrift bis zur Unterschrift, durch ein Arbeitszeugnis. Dabei wird auf Basis der rechtlichen Situation, der relevanten Fachliteratur und empirischer Studien praktisch jede inhaltliche und formale Frage behandelt. Auch bestehende Meinungsverschiedenheiten zwischen einzelnen Fachautoren (insbesondere zur Schulnoten-Zuordnung einzelner Formulierungen) werden wissenschaftlich genau dargestellt.

Auf den theoretischen Teil folgt eine 230-seitige, ebenfalls klar strukturierte Sammlung von Textbausteinen, die eine effiziente Zeugniserstellung ermöglicht. Hier liefern Weuster/Scheer auch eine Vielzahl individueller, berufsgruppenbezogener Textbausteine, die mit Stilgefühl formuliert und gründlich durchdacht sind.

Besonderheiten: Weuster/Scheer bemühen sich seit 1989 um eine Standardisierung der Gliederung von Arbeitszeugnissen. Sie haben auf Basis der Gepflogenheiten der Zeugnisschreibung und der einschlägigen Gerichtsurteile ein detailliert ausgearbeitetes System erarbeitet, welches Struktur und Inhalt des idealen Arbeitszeugnisses definiert. Damit haben die Autoren, gemeinsam mit diversen Landesarbeitsgerichten (vor allem dem LAG Hamm) und den Publikationen des Haufe-Verlags, die Zeugnisschreibung stark geprägt.

Kritik: Kritikwürdig ist, dass Weuster/Scheer hinsichtlich der Gestaltung von Zeugnissen bestimmte Forderungen erheben und diese dann mit Hinweis auf Gerichtsurteile bzw. andere Quellen wieder relativieren. Das wirkt teils verwirrend und zeigt zudem, auf wie dünnem Eis sich der Versuch der Zeugnis-Standardisierung bewegt. Ein Beispiel ist die Forderung nach einer Leistungszusammenfassung bzw. Gesamtnote im Arbeitszeugnis. Am Anfang des entsprechenden Kapitels steht der Satz: "Zeugnisse müssen eine vom kundigen Leser verstehbare zusammenfassende Beurteilung enthalten." Bereits in der zugehörigen Fußnote und im Folgesatz wird dies aber relativiert und festgestellt, dass "in Zeugnissen meist noch eine abschließende Leistungsbeurteilung mit der Zufriedenheitsformel" erfolgt (S. 88-89). Dem Leser, der wissen will, ob Arbeitnehmer einen Anspruch auf eine Leistungszusammenfassung haben, hilft eine solche Darstellung nicht weiter.

Grundsätzlich kritikwürdig ist unserer Ansicht nach die Verbreitung von Musterformulierungen, denen die Schulnoten 4 und 5 zugeordnet werden. Diese lassen das enthaltene negative Urteil anhand des Wortlauts nicht immer erkennen und provozieren damit Konflikte. Es stellt sich die Frage, ob sie in jedem Fall mit dem Gebot der Zeugnisklarheit (§ 109 GewO) vereinbar sind. Beispiele für solche Beurteilungen, die der Note 5 ("mangelhaft") entsprechen sollen: "Sie war immer mit Interesse bei der Sache" (S. 228); "Er zeigte sich allem Neuen gegenüber sehr aufgeschlossen" (S. 241); "Zu ihrem Arbeitsgebiet hat sie selbst Details perfekt organisiert" (S. 243); "Besonders aufgrund seines höflichen Auftretens war er bei unseren Kunden schnell beliebt" (S. 351). Dass die zitierten Textbausteine die schlechtestmögliche Beurteilung, also absolutes Versagen signalisieren sollen, ist nicht nachvollziehbar. Diese Kritik betrifft aber nicht Weuster/Scheer allein, sondern alle Fachbücher, die negative Zeugnis-Textbausteine enthalten.

Zu den Autoren: Prof. Dr. Arnulf Weuster lehrt am Fachbereich Betriebswirtschaft und Wirtschaftsingenieurwesen der Hochschule für Technik, Wirtschaft und Medien Offenburg. Er hat eine Vielzahl von Fachpublikationen zu den Themenbereichen Personalwirtschaft und Unternehmensorganisation veröffentlicht. Diplom-Betriebswirtin (FH) Brigitte Scheer "war nach ihrem Studium an der Fachhochschule Offenburg seit mehreren Jahren in der Industrie im Bereich Controlling tätig" (Kurzangabe zu den Autoren im Buch, S. 4).

Fazit: Auch wenn der Titel "Arbeitszeugnisse in Textbausteinen" es nicht vermuten lässt: dieses Buch wird als alltagstauglicher Praxisratgeber und als wissenschaftliche Publikation (konsequente Quellennachweise, umfangreiche Bibliografie) sehr hohen Anforderungen gerecht. Nach unserer Auffassung ist "Arbeitszeugnisse in Textbausteinen" von Arnulf Weuster und Brigitte Scheer für Laien wie Personalprofis der beste Arbeitszeugnis-Ratgeber; auch das Preis-Leistungsverhältnis ist im Vergleich zu konkurrierenden Publikationen das beste. Allerdings sollten Zeugnisaussteller das im Buch propagierte System zur strukturierten Zeugnisformulierung unserer Ansicht nach nur als ein Hilfsmittel verwenden und den vom BAG eingeräumten großen Gestaltungsspielraum beim Schreiben von Arbeitszeugnissen nicht aufgeben!

Rezension: Hein Schleßmann: Das Arbeitszeugnis, 20. Auflage. Frankfurt am Main: Verlag Recht und Wirtschaft, 2012. 276 Seiten. 49,00 Euro*.

Inhalt: Hein Schleßmann referiert und kommentiert die rechtlichen Grundlagen der Arbeitszeugnis-Ausstellung und liefert auf Basis der Gesetzgebung, Rechtsprechung und der Tradition der Zeugnisschreibung konkrete Ratschläge für praktisch alle Probleme, die im Umgang mit Arbeitszeugnissen auftreten können. Hierbei rekurriert er ausführlich auf Gerichtsentscheidungen und juristische Fachliteratur. Als Praxis-Ratgeber enthält das Fachbuch 30 individuelle Musterzeugnisse sowie mehrere Tabellen mit Musterformulierungen und Hinweisen zur Gliederung von Arbeitszeugnissen.

Besonderheiten: Im Unterschied zu Weuster/Scheer, bei denen die Erstellung des Arbeitszeugnisses im Mittelpunkt steht, legt Schleßmann besonderes Augenmerk auf grundsätzliche rechtliche Fragen wie den Zeugnisanspruch, dessen Durchsetzung und Erlöschen, die Haftung des Zeugnis-Ausstellers etc. Er betrachtet, schildert und löst die diversen Problemstellungen immer als Jurist, wobei er durch detaillierte Kenntnis der einschlägigen Rechtsprechung sowie durch gesunden Pragmatismus überzeugt und mit seiner persönlichen Meinung nicht hinterm Berg hält. Lobenswert ist, dass Schleßmann auch für schwierige Sonderprobleme der Zeugnisschreibung, wie z.B. die Frage der Erwähnung einer Krankheit im Falle der akuten Gefährdung Dritter, Lösungsvorschläge liefert.

Schleßmann wendet sich gegen das "Wohlwollensgebot", welches er als wesentlichen Grund für die heutigen Probleme im Umgang mit Arbeitszeugnissen betrachtet. Durch falsches Verständnis des Wohlwollensgebotes würden Arbeitszeugnisse übertrieben positiv formuliert und Mitarbeiter falsch bewertet, was dem "Image des Arbeitszeugnisses gewaltig geschadet" (S. 210) habe. Als Ausweg sieht er möglichst klare Formulierungen (Klartext) und eine Beschränkung auf die gesetzlich erforderlichen Inhalte.

Kritik: Die Musterzeugnisse enthalten die rechtlich notwendigen Inhalte und überzeugen durch individuelle sprachliche Gestaltung und detaillierte Aufgabenbeschreibungen. Die beurteilenden Aussagen sind aber in vielen der Mustertexte auffällig knapp formuliert und erscheinen im Vergleich zu Mustertexten konkurrierender Publikationen ein wenig altmodisch. Zwar wirken die Musterzeugnisse dank ihrer Individualität authentisch, doch sind sie zugleich als praktische Hilfestellung weniger gut brauchbar als das klarer strukturierte Textbaustein-System von Weuster/Scheer.

Grundsätzlich kritikwürdig ist unserer Ansicht nach die Verbreitung von Musterformulierungen, denen die Schulnoten 4 und 5 zugeordnet werden. Diese lassen das enthaltene negative Urteil anhand des Wortlauts nicht immer erkennen und provozieren damit Konflikte. Es stellt sich die Frage, ob sie in jedem Fall mit dem Gebot der Zeugnisklarheit (§ 109 GewO) vereinbar sind.

Zum Autor: Prof. Dr. Hein Schleßmann ist Rechtsanwalt. Als Fachautor aktualisiert und erweitert er die erstmals von Dr. Karl Schleßmann 1961 veröffentlichte Publikation "Das Arbeitszeugnis", welche 2012 in der 20. Auflage erschien.

Fazit: "Das Arbeitszeugnis" ist in der Reihe "Betriebs-Berater" des Verlages für Recht und Wirtschaft erschienen und als Nachschlagewerk für Juristen und Arbeitgeber bzw. Personalverantwortliche konzipiert. Als solches eignet sich das Buch sehr gut; als Anleitung zum Schreiben von Arbeitszeugnissen ist es aber nur bedingt geeignet.

Rezension: Karl-Heinz List: Das zeitgemäße Arbeitszeugnis, 4. Auflage. Nürnberg: Bildung und Wissen Verlag, 2009. 229 Seiten. Inklusive einer CD-ROM mit Musterzeugnissen und mit Formulierungshilfen. 19,80 Euro*.

Inhalt: Karl-Heinz List fordert, in Zeugnissen keine verschlüsselten, mit Schulnoten gleichgesetzten Beurteilungen zu verwenden, sondern Leistung und Verhalten des Arbeitnehmers im Klartext zu beschreiben. Dann zeigt er anhand von Beispielzeugnissen und Formulierungsübungen, wie solche "zeitgemäßen" Arbeitszeugnisse formuliert werden können. Auf diese grundlegende Anleitung folgt ein ausführlicher Leitfaden, der die Arbeitsabläufe zur Zeugniserstellung Schritt für Schritt beschreibt: von der Gestaltung von Beurteilungsbögen über das Führen von Beurteilungsgesprächen bis zur systematischen Zeugnisformulierung. Ergänzend bietet ?Das zeitgemäße Arbeitszeugnis? kurze, einfach verständliche Darstellungen der wesentlichen rechtlichen Anforderungen an Arbeitszeugnisse sowie 41 ausführlich formulierte Musterzeugnisse.

Besonderheiten: Lists Kernargument ist, dass die spezifische Zeugnissprache mit ihren quasi "codierten", mit Schulnoten gleichgesetzten Textbausteinen nicht mehr in unsere heutige Gesellschaft und Arbeitswelt passen würde und keine gute Grundlage für die Beurteilung und Auswahl von Personal wäre. Die traditionellen formelhaften Beurteilungen würden keine klare und zuverlässige Beurteilung individueller Mitarbeiter ermöglichen und seien zudem vielfach noch vom "hierarchisch geprägten Menschenbild" des 19. und frühen 20. Jahrhunderts geprägt.

Unter Verweis auf die vom Bundesarbeitsgericht bestätigte Formulierungsfreiheit des Arbeitgebers fordert List, Arbeitszeugnisse "ergebnisorientiert in einer nicht-codierten Sprache" zu schreiben. Ein Zeugnis solle in Form eines Soll-Ist-Vergleichs klar zeigen, welche Anforderungen an den Arbeitnehmer gestellt wurden und wie er diese konkret erfüllt hat. Auch sollten im Zeugnis konkrete "positive Arbeitsergebnisse" beschrieben werden, damit eingeschätzt werden kann, "welchen Nutzen der Mitarbeiter dem Unternehmen gebracht hat". Lists Forderungen entsprechen teils den Forderungen des Schweizer Autors Peter Häusermann und der in der Schweiz stärker verbreiteten Praxis, Klartext-Zeugnisse zu schreiben.

Andere deutsche Autoren von Arbeitszeugnis-Ratgebern bedienen gerne die Nachfrage nach Textbausteinen, die nach Schulnoten abgestuft sind. Karl-Heinz List nimmt daher in Deutschland (noch) eine Außenseiterposition ein. Allerdings trifft seine Kritik an der heutigen Praxis der Zeugnisschreibung ins Schwarze: Denn die Problematik der Notenzuordnung sowie die Verwendung antiquierter Floskeln sind Hauptgründe für Streitigkeiten im Umgang mit Zeugnissen und für den Bedeutungsverlust des Arbeitszeugnisses als Beurteilungs-, Werbe- und Auswahlinstrument.

Kritik: Aus unserer Sicht ist Lists Forderung nach Klartext-Zeugnissen vernünftig. Da aber die verbreitete Praxis der Zeugnisformulierung in Deutschland und die marktbeherrschende Fachliteratur auf benoteten Textbausteinen beruhen, werden Klartext-Zeugnisse nach unserer Erfahrung oft von Arbeitnehmern bemängelt. Denn sie wirken aufgrund des Fehlens stark aufwertender sprachlicher Elemente schwächer und weniger lobend als die in traditioneller Zeugnissprache formulierten sehr guten oder guten Zeugnisse.

Zum Beispiel schlägt List vor, die Aussage "Mit seinen Leistungen waren wir stets sehr zufrieden" durch die Aussage "Er zeigte gute Leistungen" zu ersetzen. Diese Ersetzung würde laut den Notenzuordnungen der bekanntesten deutschen Fachpublikationen (von Weuster/Scheer, Schleßmann, Hesse/Schrader, Huber, Knobbe/Leis/Umnuß) eine Abstufung von der Note 1 bzw. 1-2 auf die Note 2-3 bzw. 3 bedeuten. Nach Maßstab der traditionellen Zeugnissprache, die auch kritische Beurteilungen diplomatisch-höflich formuliert und sehr gute Beurteilungen durch Temporaladverbien und Superlative kennzeichnet, wären Lists Musterformulierungen in ?Das zeitgemäße Arbeitszeugnis? zu einem großen Teil einer Schulnote 3 zuzuordnen.

Diskussionswürdig ist unserer Ansicht nach auch Lists pädagogisch-psychologisch geprägte Arbeitnehmerbeurteilung. Besonders fällt die ausführliche Beurteilung des Umgangs mit Emotionen in Lists Musterzeugnissen auf. Beurteilungen wie zum Beispiel "Er reagiert angemessen auf die Gefühle anderer, kann mit Frustrationen umgehen und sich selbst rasch beruhigen", berühren den Kern der Persönlichkeit des beurteilten Arbeitnehmers und können dadurch zu Verärgerung und Ablehnung führen. Zudem könnte ein Zeugnisleser vor dem Hintergrund der jahrzehntelangen Diskussionen über "Geheimcodes" vermuten, die berufliche Tätigkeit des hier Beurteilten sei wesentlich von Frustrationen geprägt.

Zum Autor: Karl-Heinz List hat viele Jahre als Personalleiter gearbeitet und ist Autor mehrerer Publikationen zu Personalthemen sowie Personal- und Outplacementberater.

Fazit: Lists Konzept nicht-benoteter Klartextzeugnisse gewinnt angesichts der starken Unzufriedenheit mit der Praxis der Zeugnisschreibung in Deutschland und der Forderungen nach Abschaffung des Arbeitszeugnisses an Aktualität. Darüber hinaus liefert List vielfach sehr gute und interessante Musterformulierungen, die eine genauere Beurteilung und Einschätzung von Arbeitnehmern erlauben. Für Personen, die häufig Zeugnisse schreiben, lohnt sich das Lesen dieses Buchs auf jeden Fall. Ob sich nicht-benotete Klartextzeugnisse in Deutschland ohne eine entsprechende Initiative des Gesetzgebers durchsetzen können, ist allerdings fraglich.

Weitere Buchkritiken folgen.

*Preise auf www.amazon.de am 24.03.2016.